Wenn der Pass zum Kunstwerk wird

Pro Helvetia

In der Projektbroschüre präsentiert sich Adela Picon in traditioneller Berner Tracht. Dabei vermerkt sie klar und deutlich: Sie ist eine «in Bern eingebürgerte spanische Künstlerin». Und was will sie an den Mann und an die Frau bringen? Einen brandneuen Pass.

Adela Picon knüpft damit an ein heiss umstrittenes Thema an – die Erteilung der Staatsbürgerschaft. Wie so oft in der Schweiz herrscht auch in diesem Geschäft die föderalistische Vielfalt, die mitunter auch als missbräuchlich gebrandmarkt wird. Kommt dazu, dass das Volk im vergangenen Jahr eine Vereinheitlichung des Einbürgerungsprozedere für Einwanderer der zweiten und dritten Generation auf Bundesebene verworfen hat.

Tatsache ist, dass ein Fünftel der Bevölkerung des Landes offiziell nicht Schweizer oder Schweizerin ist. Ein Thema, das die Gruppe um die spanisch-schweizerische Künstlerin mit dem Projekt «Pass auf!» aufgreift und auf die Spitze treibt.

Virtuelle Einbürgerung dank Piktogramm

Bewerben kann sich jede und jeder, egal ob Schweizerin oder Ausländer. Mit der Aktion «Pass auf!» kann man ein neues Dokument beantragen. Spezielle Sprachkenntnisse sind für das Ausfüllen des Online-Formulars nicht nötig. Ob Nichtraucherin, Konsumentin von biologischen Produkten oder leidenschaftlicher Tänzer, die Orientierung erfolgt über Piktogramme. Ob der Antrag schliesslich akzeptiert wird, entscheiden die Benutzerinnen und Benutzer im Netz.

Die Initianten schaffen mit «Pass auf» eine Art «digitaler Gemeindeversammlung». Beteiligt ist das weltweite Netz, anonym und global zerstreut.

Ein sozialpolitisches Kunstexperiment

Das Projekt von Adela Picon ist mitten in der Stadt Bern, im «Progr_Zentrum für Kulturproduktion», entstanden. Es bedient sich auf exemplarische Weise einer Reihe von Instrumenten, die sowohl in der Politszene zur Anwendung kommen, wie auch zur Wahl einer Schönheitskönigin gehören. Dies reicht von der Medienkampagne und den öffentlichen Podiumsdiskussionen bis hin zur Abstimmung, welche den Kandidatinnen und Kandidaten ihre fiktiven Pässe zuteilt.

«Pass auf» ist ein Kunstexperiment mit gesellschaftlichem Potenzial. Darum unterstützt Pro Helvetia dieses Projekt, zusammen mit anderen Institutionen, die sich für die Integration und für den interkulturellen Dialog einsetzen.